Die „Entourage-Hypothese“ besagt, dass Terpene die Wirkung von Δ^9-Tetrahydrocannabinol (THC) verändern können. Ein Forscherteam der Johns-Hopkins-Universität hat nun erstmals in einer placebokontrollierten, doppelblinden Crossover-Studie geprüft, ob das Zitrus-Terpen D-Limonen die akute THC-Angst bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten abschwächen kann. Zwanzig gesunde Erwachsene inhalierten in bis zu zehn Laborsitzungen entweder THC (15 mg / 30 mg), D-Limonen (1 mg / 5 mg), beide Wirkstoffe kombiniert oder ein Placebo (destilliertes Wasser). Anschließend wurden sechs Stunden lang subjektive Effekte, kognitive Tests, Vitalparameter und Blutspiegel erhoben.
Auswirkungen auf subjektive Angst und Stimmung
• THC 30 mg allein: Deutlicher Anstieg der VAS-Ratings „ängstlich/nervös“ und „paranoid“ sowie der Herzrasen-Skala – typische Akutreaktion auf hohe THC-Dosen.
• THC 30 mg + 15 mg D-Limonen (n = 12): Signifikante Reduktion der Angst- und Paranoia-Ratings gegenüber THC allein; der Effekt nahm dosisabhängig zu. Andere erwünschte THC-Wirkungen (z. B. „pleasant drug effect“) blieben unverändert.
• THC 15 mg + 1 / 5 mg D-Limonen: Tendenz zur Angstminderung, aber statistisch nicht signifikant.
• D-Limonen allein (1 / 5 mg): Keine Abweichung von Placebo in Stimmung, Kognition oder Vitalzeichen, womit das Terpen selbst als nicht psychoaktiv gilt.
• Pharmakokinetik & Leistung: D-Limonen beeinflusste weder THC-Plasmaspiegel noch Gedächtnis- und Psychomotorik-Tests messbar.
Sicherheitsprofil und Studiengrenzen
• Nebenwirkungen: 14 meist milde Ereignisse (Schwindel, kurzzeitige Angst). Keine schwerwiegenden Zwischenfälle.
• Kollektiv: 20 junge, seltene Nutzer*innen; Generalisierbarkeit auf Viel- oder Erstkonsumierende sowie Personen mit Angsterkrankungen begrenzt.
• Dosisabfolge: Die höchste Limonen-Dosis wurde aus Sicherheitsgründen stets zuletzt getestet (potenzielle Verzerrung durch die Reihenfolge).
• Darreichung: Nur inhalative Aufnahme geprüft; Effekte nach oraler Aufnahme (z. B. Edibles) noch unklar.
• Produktspektrum: Reine Wirkstofflösungen – reale Cannabisblüten enthalten weitere Terpene und sekundäre Cannabinoide, die die Ergebnisse modulieren könnten.
Fazit
Die Studie liefert einen ersten klinischen Beleg, dass D-Limonen THC-induzierte Angstreaktionen gezielt abschwächen kann, ohne die gewünschten THC-Effekte oder die kognitive Leistungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Damit könnte das Terpen die therapeutische Breite von THC-haltigen Arzneien erhöhen und das Risiko unangenehmer Akut-Reaktionen beim Freizeitkonsum senken. Vor einer breiten Anwendung sind jedoch größere Studien mit verschiedenen Konsumentengruppen, Applikationsformen und Kombinationsprofilen nötig.
Quelle:
Spindle TR et al. (2024): Vaporized D-limonene selectively mitigates the acute anxiogenic effects of Δ9-THC in healthy adults who intermittently use cannabis. Drug Alcohol Depend 2024; 257: 111267. https://doi.org/10.1016/j.drugalcdep.2024.111267
Die vollständige Arbeit ist frei zugänglich unter:
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC11031290/