Immer mehr US-Bundesstaaten haben in den letzten Jahren Schritte zur Legalisierung von medizinischem und freizeitlichem Cannabis unternommen. In diesem Zusammenhang hat Forscher Ray M. Merrill untersucht, wie sich der tatsächliche Konsum von Marihuana in der allgemeinen erwachsenen Bevölkerung in Abhängigkeit vom Body-Mass-Index (BMI) entwickelt hat und ob ein Zusammenhang zwischen Übergewicht und Konsum besteht.
Studiendesign und Methode
Für die Analyse wurden die Daten von insgesamt 735.921 Teilnehmenden des „Behavioral Risk Factor Surveillance System“ (BRFSS), einer repräsentativen, telefonischen Umfrage in den USA, herangezogen. Erfasst wurden alle Personen ab 18 Jahren, die zwischen 2016 und 2022 Angaben zu ihrem Marihuanakonsum machten. Unterschieden wurde zwischen „aktuellem Konsum“ (mindestens einmal in den letzten 30 Tagen) und „täglichem Konsum“ (an mindestens 20 der letzten 30 Tage).
Zentrale Ergebnisse
- Verdopplung des Konsums: Die Prävalenz des aktuellen Marihuanakonsums stieg von 7,48 % im Jahr 2016 auf 14,91 % im Jahr 2022 an. Dieser Anstieg fällt zeitlich mit einer wachsenden Zahl von Legalisierungsmaßnahmen zusammen.
- Einfluss der Legalisierung: Lag in einem Bundesstaat medizinische Legalisierung vor, war die Konsumentenrate durchschnittlich um 9 % höher, bei vollständiger Legalisierung zu Genusszwecken sogar um 81 % höher als in Staaten ohne Legalisierung.
- Unterschiede nach BMI: Erwachsene mit Adipositas wiesen durchgängig niedrigere Raten beim aktuellen Marihuanakonsum auf – im Durchschnitt um 35 % niedriger als nicht adipöse Erwachsene. Dieser Unterschied blieb bestehen, wenn demographische Faktoren, Raucherstatus, Krankheitsgeschichte (z. B. Asthma, Arthritis, Depression) und Legalisierungsstatus berücksichtigt wurden.
- Odds Ratios 2022: Im Jahr 2022 lagen die angepassten Wahrscheinlichkeiten (Odds Ratios) für aktuellen und täglichen Marihuanakonsum bei adipösen Personen bei 0,68 und 0,69 im Vergleich zu nicht adipösen Personen.
Interpretation und Ausblick
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass regelmäßiger Marihuanakonsum mit einem niedrigeren BMI assoziiert ist. Da in den USA sowohl die Legalisierung als auch die gesellschaftliche Akzeptanz von Cannabis weiter zunehmen, könnte sich daraus langfristig eine Verringerung der Adipositasprävalenz ergeben. Gleichzeitig ist es wichtig, diesen potenziellen Nutzen immer im Kontext der bekannten gesundheitlichen Risiken des Cannabiskonsums zu betrachten. Ärztinnen und Ärzte sollten daher im Gespräch mit ihren Patientinnen und Patienten einerseits die mögliche Wirkung auf das Körpergewicht, andererseits aber auch mögliche negative Folgen sorgfältig abwägen.
Fazit
Die Studie liefert belastbare Evidenz dafür, dass ein Zusammenhang zwischen Marihuanakonsum und einem niedrigeren BMI besteht. Wichtig ist dabei die Einordnung: Korrelation ist nicht gleich Kausalität – es lässt sich nicht beweisen, dass Cannabis selbst „schlank macht“. Denkbar ist, dass andere Faktoren wie Lebensstil, Ernährung oder sozioökonomische Merkmale mitwirken. Mit Blick auf die aktuelle Legalisierungswelle in den USA legt diese Studie nahe, dass sich diese Entwicklung auch in der Bevölkerungsstatistik widerspiegeln könnte – dabei dürfen wir die gesundheitlichen Risiken des Cannabiskonsums nicht aus dem Blick verlieren.
Quelle
Merrill RM. (2024): A National Survey of Marijuana Use Among U.S. Adults According to Obesity Status, 2016–2022. Cannabis and Cannabinoid Research. 2024 Aug 19. doi: 10.1089/can.2024.0069.
Die Zusammenfassung der Studie ist abrufbar unter:
https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2024.0069

