Die THC-Gehalte vieler Cannabisprodukte steigen seit Jahren stark an. Welche Folgen das für junge Konsumierende hat, beleuchtet nun eine prospektive Kohortenstudie aus Großbritannien. Forschende nutzten die berühmte Avon Longitudinal Study of Parents and Children (ALSPAC), um über 5 500 Teilnehmende vom 16. bis zum 24. Lebensjahr zu begleiten.
Ziel: klären, ob schon gelegentlicher Konsum – und insbesondere hochpotentes Cannabis (≥ 10 % THC) – das Auftreten neuer psychotischer Erfahrungen im jungen Erwachsenenalter befördert.
Was hat man gemacht?
- Teilnehmende: 5 570 Jugendliche; 2 037 (36 %) hatten bis 18 Jahre mindestens einmal Cannabis probiert.
- Potenz-Abfrage: Mit 24 Jahren gaben 1 560 Personen an, welche Sorte sie am häufigsten nutzten; 145 davon nannten „Skunk/andere starke Sorten“ → eingeordnet als „hochpotent“(PubMed)
Was kam heraus?
- Wer mit 16/18 Jahren hochpotentes Gras konsumierte, hatte etwa doppelt so häufig Psychose-Erlebnisse zwischen 19 und 24 Jahren im Vergleich zu Gleichaltrigen mit schwächerem Cannabis (angepasstes Risiko-Verhältnis ≈ 2,1 : 1).
- Beim gelegentlichen Cannabiskonsum (egal wie stark) war das Risiko nur leicht erhöht und statistisch unsicher.
- Heftigere Vorfälle traten bei 4 % der Hochpotenz-Gruppe, aber nur bei 2 % der Niedrigpotenz-Gruppe auf.
Was muss man beachten?
- Selbsteinschätzung: Die Stärke des Cannabis wurde aus Sortennamen abgeleitet, nicht labortechnisch gemessen.
- Zeitlücke: Die Potenz wurde erst mit 24 Jahren abgefragt – Jugendliche könnten früher andere Substanzen geraucht haben.
- Ausfälle: Teilnehmende aus schwierigen sozialen Verhältnissen brachen die Studie häufiger ab; das kann Ergebnisse verzerren.
- Fragebogen, keine Diagnose: Erfasst wurden alle Psychose-ähnlichen Erfahrungen (z. B. kurze Halluzinationen) – nicht unbedingt behandlungsbedürftige Erkrankungen.
Warum ist das wichtig?
Die Daten sprechen dafür, dass nicht nur der Konsum an sich, sondern vor allem die THC-Stärke zählt: stark THC-haltiges Cannabis in der Teenagerzeit geht mit deutlich mehr Psychose-Erlebnissen einige Jahre später einher. Wer in jungen Jahren Cannabis konsumiert, sollte daher lieber schwächere Sorten wählen oder auf THC-Grenzwerte achten. Politik und Prävention können die Ergebnisse nutzen, um über THC-Obergrenzen, Warnhinweise oder Aufklärung in Schulen zu diskutieren. Weitere Studien mit objektiver THC-Messung sollen den Befund bestätigen.
Quelle:
Hines LA, Heron J, Zammit S. (2024): Incident psychotic experiences following self-reported use of high-potency cannabis: Results from a longitudinal cohort study. Addiction 2024;119(9):1629-1634.
2024;119(9):1629-1634. Volltext frei zugänglich unter:
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/add.16517