– Kernaussagen einer kanadischen Langzeitstudie.
Warum ist das wichtig?
Chronische Schmerzen begleiten Betroffene oft rund um die Uhr, rauben Schlaf, Lebensfreude und Arbeitskraft. Häufig bleibt nur der Griff zu starken Opioiden – wirksam, aber mit Risiken wie Abhängigkeit, Verstopfung und gefährlichen Überdosierungen. Entsprechend groß ist das Interesse an gut verträglichen Alternativen. Genau hier setzt eine umfangreiche kanadische Langzeitstudie an, die reale Daten aus dem Versorgungsalltag liefert.
So lief die Untersuchung
- Teilnehmende: 751 Erwachsene (Ø 52 J., 54 % Frauen) mit nicht-krebsbedingten, hartnäckigen Schmerzen
- Therapie: ärztlich verordnete Vollspektrum-Öle oder Blüten; THC- und CBD-Gehalte wurden nach dem Prinzip „Start low, go slow“ individuell gesteigert
- Dauer: 12 Monate
- Erhobene Daten:
- Schmerzstärke & Beeinträchtigung (Brief Pain Inventory)
- Lebensqualität (körperlich & psychisch, SF-12)
- Opioiddosis (Morphinäquivalent)
- Nebenwirkungen und Begleitbeschwerden
- Schmerzstärke & Beeinträchtigung (Brief Pain Inventory)
Die prospektive Beobachtungsstudie bildet somit genau das ab, was Patientinnen im echten Leben erleben – ein wichtiger Pluspunkt gegenüber streng kontrollierten, aber oft praxisfernen Laborsettings.
Die wichtigsten Ergebnisse
Parameter | Erster messbarer Effekt | Verlauf bis Monat 12 |
Schmerzintensität | deutlicher Rückgang nach 4 Wochen | bleibt konstant niedrig |
Lebensqualität | spürbarer Anstieg ab Monat 3 | hält sich über 12 Monate |
Opioidverbrauch¹ | schrittweise Reduktion | statistisch signifikant niedriger |
Begleitsymptome (z. B. Kopfschmerz, Angst, Übelkeit) | Verbesserung nach 4 Wochen | hält an |
¹ Von den 329 Patientinnen, die zu Beginn Opioide nahmen, konnte die Mehrzahl die Dosis verringern oder ganz absetzen.
Verträglichkeit
Gemeldet wurden überwiegend milde, vorübergehende Effekte wie Müdigkeit, Mundtrockenheit oder leichter Schwindel. Schwerwiegende unerwartete Nebenwirkungen traten nicht auf; Therapieabbrüche blieben die Ausnahme.
Praktische Bedeutung für Patientinnen und Behandlerinnen
- Schnelle Entlastung: Viele Betroffene erleben bereits nach wenigen Wochen deutlich weniger Schmerz.
- Ganzheitlicher Nutzen: Mehr Energie, besserer Schlaf, weniger Angst – die Lebensqualität steigt in mehreren Dimensionen.
- Opioid-Sparpotenzial: Eine gut gesteuerte Cannabistherapie kann helfen, risikoreiche Opiate zurückzufahren – ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen die Opioidkrise.
- Individualisierbarkeit: Durch das Zusammenspiel von THC und CBD lässt sich die Wirkung fein justieren – ideal für personalisierte Medizin.
- Hohe Sicherheit bei ärztlicher Begleitung: Regelmäßige Kontrollen und Dosisanpassungen minimieren Risiken.
Was man im Hinterkopf behalten sollte
- Keine Placebo-Kontrolle: Ein Teil des Effekts könnte auf Erwartungen zurückgehen.
- Heterogene Präparate: THC-/CBD-Verhältnisse unterschieden sich – Ergebnisse lassen sich nicht 1 : 1 auf ein bestimmtes Produkt übertragen.
Selbstauskunft: Fragebögen sind subjektiv; dennoch liefern 12 Monate Nachbeobachtung wertvolle „Real-World-Evidence“.
Fazit
Medizinisches Cannabis linderte in dieser Studie chronische Schmerzen nachhaltig, verbesserte die Lebensqualität und half, Opioide einzusparen – bei insgesamt guter Verträglichkeit. Wer unter hartnäckigen Schmerzen leidet, sollte das Thema deshalb selbstbewusst mit der behandelnden Ärztin oder dem Arzt besprechen.
Quelle
Safakish R. et al. (2020): Medical Cannabis for the Management of Pain and Quality of Life in Chronic Pain Patients: A Prospective Observational Study. Pain Medicine 21(11): 3073–3086. doi: 10.1093/pm/pnaa163.
Die Studie ist im Volltext kostenfrei als PDF abrufbar:
https://academic.oup.com/painmedicine/article-pdf/21/11/3073/34485344/pnaa163.pdf